#001 Wann ist eine Tätigkeit sinnstiftend?
17. Januar 2023
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Du entscheidest darüber, was eine sinnstiftende Tätigkeit ist!
In den letzten Wochen durfte ich mit einer Tanzlehrerin das Jungdamen- und Jungherrenkomitee in meinem Wohnort bei den Proben für den traditionellen Pfarrball begleiten. Vergangenes Wochenende war es dann so weit, sie eröffneten mit einer feierlichen Quadrille und einer schwungvollen Polonaise zum Titellied aus dem High School Musical unseren Ball. Ein gelungenes Erlebnis! Aber was war das? Eine Freizeitbeschäftigung, die Spaß machte? Lebt die Tanzlehrerin hier ihr Hobby? Denn eine sinnstiftende Tätigkeit kann das ja wohl nicht sein, oder?
Sehen wir uns einmal genauer an, was eigentlich eine sinnstiftende Tätigkeit ist.
Laut Google müssen wir dabei zwischen sinnvoll und sinnstiftend unterscheiden: Eine sinnvolle Tätigkeit ist ein Grund, jeden Morgen aufzustehen. Es bedeutet, dass die Arbeit eine positive Wirkung entfaltet, und zwar nicht nur für Sie. Wenn wir „sinnstiftende Arbeit“ hören, denken die meisten von uns an humanitäre Helfer, die in Entwicklungsländern gegen Korruption, Armut und Hunger kämpfen.
Angenommen, dass das so ist, dann reden wir zwar alle immer von einer sinnstiftenden Tätigkeit – aber in den seltensten Fällen machen wir tatsächlich eine sinnstiftende Arbeit. Wenn wir Glück haben, machen wir unsere Arbeit gerne und dann ist sie hoffentlich sinnvoll für uns.
Denke ich zurück an mein Wochenende mit der gelungenen Polonaise zur Eröffnung des Balls, dann sehe ich all die glücklichen Gesichter vor mir. Kann es sein, dass Tätigkeiten, die wir gerne machen uns zwar glücklich machen, aber nicht sinnstiftend sind?
Laut Wikipedia ist Sinn eine Wahrnehmung, ein Wahrnehmungsvermögen durch ein Sinnesorgan sowie laut Soziologie, die Bedeutung oder subjektive Deutung sozialen Handelns; Stiftend heißt, etwas bewirken sowie einen bestimmten Zustand herstellen.
Ich habe gelernt, dass Wahrnehmung für jede Person etwas anderes bedeutet. Unsere Wahrnehmung ist beeinflusst durch unsere Gedanken. Dabei prägen unsere Erfahrungen und Denkmuster ganz entscheidend unsere subjektive Wahrnehmung. Für mich macht dies klar, dass ich selbst entscheide, ob und welche Tätigkeit für mich sinnstiftend ist oder nicht. Sehen wir uns nochmal unser Erlebnis mit der Tanzlehrerin und den zehn Eintanzpaaren an:
Die Tanzlehrerin hatte eine Choreografie vorbereitet, die in mehreren Proben einstudiert wurde. Sie war darum bemüht, dass jedes Paar einmal ganz vorne oder hinten war und dann wieder mittendrin. Die Eintanzpaare mussten sich ihre Schritte merken, auf den Rhythmus achten und mit der Partnerin bzw. dem Partner eine Einheit bilden. Je nachdem, wo gerade ihre Position war, galt es darauf zu achten, mit den anderen Paaren synchron zu sein oder sie anzuführen.
Etwas ganz Entscheidendes wurde in diesen Tanzstunden vermittelt: Gemeinsam hatten sie sich aufgrund ihrer Fähigkeiten für das Projekt „Eintanzen“ entschieden und nun waren sie im Team für das Gelingen verantwortlich.
Die Tanzlehrerin übernahm die Projektleitung, der Veranstalter des Balls war der Projektsponsor und die Tänzerinnen und Tänzer waren die Projektmitglieder.
Meiner Meinung nach übt die Tanzlehrerin daher sehr wohl eine sinnstiftende Tätigkeit aus. Denn was sie den Jugendlichen in diesen paar Wochen bezüglich Teambuilding mitgab, ist eine wertvolle Erfahrung für zukünftige Projekte im Berufsleben.
Bleiben wir bei unserem Eintanz-Projekt. Wochenlang wurde auf dieses Ereignis hintrainiert und nun war endlich die Projektpräsentation. Wochen des gemeinsamen Arbeitens liegen hinter uns und nur wenige Minuten entscheiden bei der Projektpräsentation, beim Go live, ob das Projekt ein Erfolg war oder nicht.
Minutenlang verharrten sie außer Atem aber glücklich in ihrer Schlussposition und genossen ihren Applaus – ihren Lohn. Glückliche Gesichter schwebten durch den Ballsaal und standen im Anschluss den Pressefotografen noch gerne zur Verfügung.
Die Tanzlehrerin hatte es geschafft, ein Team zu formieren und zu diesem Erfolg zu führen. Die Eröffnung des Balls war hervorragend gelungen. Die Jugendlichen werden noch in vielen Jahren davon erzählen, dass sie auch einmal eingetanzt haben und wie schön das war. Niemand kann ihnen dabei die Erfahrung des gemeinsamen Projektes, des gemeinsamen Gelingens, nehmen. Die Tanzlehrerin hat ihnen mit dieser Choreografie etwas fürs Leben mitgegeben.
Jede Tätigkeit, die wir gerne machen und mit der wir anderen etwas mitgeben können bzw. etwas Gutes tun, ist sinnstiftend. Wir selbst entscheiden, ob wir eine sinnstiftende Tätigkeit ausführen. Es hat nichts damit zu tun, ob es sich um eine Tätigkeit aus den Bereichen Umweltschutz, Pflege, Wohltätigkeit oder dergleichen handelt. Eine Tätigkeit ist dann sinnstiftend, wenn ich eine andere Person dabei unterstütze, über sich hinauszuwachsen. Und genau das, hat unsere Tanzlehrerin an diesem Abend mit ihren Jugendlichen gemacht.
Es braucht Mut und Selbstbewusstsein, sich hauptberuflich für seine persönliche sinnstiftende Tätigkeit zu entscheiden und diese auszuüben. Nur zu gerne sind wir nach wie vor in dem alten Denkmuster gefangen, dass wir mit „richtiger“ Arbeit Geld verdienen müssen. Wir sind mittlerweile zwar durchaus bemüht, eine nach allgemein gültigen Normen als vermeintlich sinnstiftend angesehene Tätigkeit ausüben zu wollen. Dabei wäre es aber besser, auf sich selbst zu hören und das zu machen, was einem liegt und dann auch erfüllt.
Denn genau dann, wenn wir mit unserer Leidenschaft uns beruflich verwirklichen können, ist unsere Tätigkeit für unser Leben in der Gemeinschaft sinnstiftend!
“Ob eine Tätigkeit sinnstiftend ist, entscheidest du selbst und nicht die Gesellschaft bzw. unser soziales Umfeld!”
Schreib 10 Dinge auf, die deine Tätigkeit für dich so wertvoll machen und dann überleg mal darüber, ob du eine sinnstiftende Tätigkeit machst oder doch nicht. Wie ist deine Entscheidung?